Schwindelfrei von Vorteil

Bereits im Vorfeld zur hüürigen Aktivriegenreise wurde Riegenintern viel spekuliert…der Organisator, David Hufschmid – seines Zeichens actionverliebter und bekennender (extrem) Wanderfreund – liess schon früh durchblicken, dass wir einen Klettersteig in der Nähe von Engelberg erklimmen möchten. Da niemand von uns Klettererfahrung aufweisen kann, liessen wir uns wohl oder übel überraschen.

Am Samstag, 14. September 2019, 07:00 Uhr, traf sich die Aktivriege mit Sack und Pack auf dem Dorfplatz in Niederwil. Unser Reiseleiter hat Kaffee und Gipfeli organisiert. Nach dem wunderbaren Zmorge teilten wir uns auf zwei Autos auf und starteten die Motoren. Geschickt den Fotoapparaten ausgewichen schlängelten wir uns die paar Kurven hinauf nach Engelberg. Einige konnten dem Geschmack nach Hopfen bis zum Zielort nicht widerstehen und gönnten sich bereits ein Fläschli…vielleicht um die leichte Anspannung vor dem Bevorstehenden zu unterdrücken?

Nach zwei Ehrenrunden durch Engelberg fanden wir zwei Parkplätze im Zentrum, bei welchen wir sogleich unsere Autos parkierten. Die Lust nach Kaffee übermannte uns und so kehrten wir im Kafi Titlis ein. Nachdem wir unsere Finger bei mehreren Runden «Kommando Pöpperle» wund schlugen traf Dani, unser Berg-Guide, ein. «Dänu» machte uns klar, dass unser Ziel die Fürenalp ist. Um auf die Fürenalp zu gelangen, müssen wir zuerst die «FürenWAND» bezwingen…ein Klettersteig, der nichts für Anfänger ist…zum Glück hat die Aktivriege Mitglieder die allesamt reichlich Erfahrung im Bergsteigen und Klettern besitzen. 😉

Gleich vis-à-vis vom Restaurant Titlis konnten wir das Klettergstältli und Kletterhelm fassen. Leider hat die Polizei inzwischen die Parkuhren kontrolliert und uns ein Zätteli unter die Wischer gesteckt…nichts desto trotz fuhren wir mit unserem Guide in Richtung Förenalpbahn.

Dort angekommen verfrachteten wir die überzähligen Rucksäcke samt Christian ins Seilbähnli. Der Rest der Aktivriege fuhr über Stock und Stein zu einem abgelegenen Parkplatz. Von dort startete das grosse Abenteuer. Vor uns türmte sich die 750 Meter hohe Fürenwand. Niemand von uns konnte sich wirklich vorstellen, dass wir da hoch müssen bzw. irgendwie da hoch kommen…wie auch?!

Nach einer kurzen Einführung durch unseren Guide, wie wir uns in der Wand verhalten müssen und es mehr oder weniger kein Zurück gibt, kletterten wir die erste Leiter hinauf. Zu Beginn war – wage ich als Schreiber zu behaupten – allen ein bisschen mulmig. So kämpften wir uns Meter um Meter nach oben. Kleine Wasserfälle oder andere Hindernisse konnten uns nicht aufhalten. Unser Reiseleiter baute daher kurzerhand noch ein fliegendes Hindernis in Form eines PET-Flaschendeckels ein…die Schuldfrage bleibt ungeklärt…😉

Nach einem kurzen Rast auf einer kleinen, einigermassen flachen Etappe nahmen wir den Schlussaufstieg in Angriff. Über kleinste, in den Fels eingerammte Armierungseisen kämpften wir uns bis zur Schlussstelle – eine ca. 40 Meter hohe hängende Leiter. Unsere Arme hatten bereits in der Hälfte eine grausame Übersäuerung, aber jeder von uns hat es schlussendlich bis ganz nach oben geschafft.

Aus den mehrheitlich bleichen und runtergekämpften Gesichtern war aber vor allem eines herauszulesen: Freude und Stolz, diese Wand in ca. 3 Stunden bezwungen zu haben. Nach dem obligaten Schluck vom Gipfeltropfen machten wir uns auf die Suche nach Christian. Er hatte unterdessen den Grill eingeheizt und beglückte uns mit Wurstwaren erster Klasse sowie im Bergbach gekühlten Biere.

Unser nächstes Ziel war «Äbnet», eine kleine Alp einige Höhenmeter unter der Förenalp. Neben drei kleineren Stallungen hatte es ein herziges Wohnhaus, welches als Beizli umfunktioniert war. So wie wir sind, setzten wir uns auf die Holzbänke im Freien. Sogleich wurden wir von den Wirten Erika und Chregu in tiefstem Urner-Dialekt begrüsst und es folgte die erste Runde Moscht. Nach zwei oder drei weiteren Runden Moscht und Bier brachte Chregu ein Tablar voll alter Zwetschgen. Daraufhin verabschiedeten sich die beiden Wirte, da die lieben Kühe gemolken werden müssen. Erika meinte es dann in bisschen (zu) gut mit uns; sie stellte uns eine Kaffeekanne, eine grosse Flasche Schnaps, Zucker und Kaffeegläser hin und meinte trocken: «es werd eifach ned kotzet…!»

Es wäre ja unhöflich gewesen, hätten wir diesen Zaubertrank nicht probiert. Mit einem idealen Mischverhältnis war die Flasche leider innert Kürze wieder leer…zum Glück schaute Erika kurz darauf nach unserem Wohlbefinden und löschte unseren Durst mit feinstem Grappa! Als es doch langsam eindunkelte, machten wir uns via Seilbähnli auf den Weg ins Tal. Dort erwartete uns der Wirt vom Restaurant Stäfeli bereits schon und zeigte uns unsere Unterkunft, in welcher es bereits wunderbar nach Stall roch. Das «Stäfeli» ist weitherum als das Lokal bekannt, welches das beste Wild serviert. Es war wirklich ausgezeichnet – das können wir bestätigen.

Wir blieben noch lange sitzen – die Frau Wirtin wurde immer hässiger und der Wirt selber sass zu uns und gönnte sich das eine oder andere Feierabendbier. Die Gespräche, welche geführt wurden, waren allesamt hochstehend…jedenfalls weiss die Aktivriege nun was Himmelblaues Fleisch ist, dass gekochtes Murmeltier nicht schmeckt und in Uri teilweise auch Hunde gemetzget werden. Nach so vielen Informationen mussten wir uns bald aufs Ohr legen.

Mitten in der Nacht (eigentlich war es morgen früh) wurden wir durch eine riesige Geissenherde geweckt. Trotz leichtem Kater nahmen wir in Stäfeli das Zmorge zu uns und packten unsere sieben Sachen wieder zusammen. Nach einem erfrischenden, ca. 1 Stündigen Fussmarsch Richtung Parkplatz – an welchem wir an Mutterkühen vorbei, über wackelige Brücken gehen und steile Passagen meistern mussten – fuhren wir wieder Richtung Engelberg und kehrten in einem imposanten Restaurant ein. Wir füllten unsere Ränzen mit Nussgipfeln, Kaffee und Glace, um gestärkt den restlichen in Angriff zu nehmen. David Stadelmann schlug vor, dass wir uns im Vierwaldstättersee abkühlen: «…ech känne en wonderbare Platz, wo mer bade und sünnele chönd!», meinte er. So fuhren wir nach Stansstad, wo sich dieser traumhafte Badeplatz befand. Leider war an diesem Tag eine Felswand im Weg, welche die Sonnenstrahlen davor hinderten, unsere Körper zu wärmen. Das hinderte unsere beiden Davids aber nicht daran, sich einen kurzen Schwumm im kühlen Nass zu gönnen.

Wir verbrachten den halben Nachmittag noch am See und spielten «würsch ehner (…) oder (…) mache, suschd (…)…In den Klammern darf jeder einsetzen, was er möchte – ein idealer Zeitvertrieb für Jung und Alt. Gegen 15:00 Uhr machten wir uns auf den Nachhauseweg. Alle waren geschafft von diesem hammergeilen und unvergesslichen Weekend. Ein riesiges Dankeschön geht an den Organisatior, David Hufschmid.